17.05.2012: Zweite Lesung des KIT-Gesetz II - Mitbestimmung und ZivilklauselAm 9. Mai 2012 fand die 2. Lesung des KIT-Gesetzes statt - neben Mitbestimmung ging es um die ZivilklauselAm 9. Mai 2012 fand die zweite Lesung des KIT-Gesetzes im Landtag statt, das Gesetz wurde einstimmig angenommen. Es ging auf der Anhörung auch um allgemeine Fragen der Mitbestimmung und das Thema Zivilklausel. Daher ist diese Anhörung - wiewohl das KIT-Gesetz nur für das KIT (Karlsruhe Institute of Technology) gilt - auch von allgemeinem Interesse für die landesweite und lokale Diskussion.
Die Freiheit der Forschung muss frei seinIn seltener Einhelligkeit unterstützte Katrin Schütz von der CDU die Vorlage der grünen Wissenschaftsministerin Theresia Bauer explizit darin, keine Institute des KIT durch eine Zivilklausel zu "gefährden". Uneinigkeit bestand bezüglich der Evaluation des KIT-Gesetzes. Kai Schmidt-Eisenlohr von den GRÜNEN betonte, dass am Gesetzgebungsprozess für das KIT viele beteiligt waren und er insofern ein "Vorbild der Beteiligung für die Einbeziehung der Betroffenen in den Prozess der Gesetzgebung" ist. Das Thema der Forschung für friedliche Zwecke sei, so Schmidt-Eisenlohr, ein Thema, das in allen Hochschulen vor Ort diskutiert werden müsse. Die Ebene der Hochschule sei der richtige Ort für solche Diskussionen. Auch Johannes Stober von der SPD betonte Autonomie und innere Demokratie als Leitplanken des Gesetzesentwurfs, betonte aber auch, dass sich die neuen Regelungen für das KIT noch bewähren müssen. Timm Kern von der FDP/DVP erklärte, dass eine Zivilklausel die Freiheit von Forschung und Lehre einschränke - verwies aber zugleich darauf, dass das Grundgesetz gelte. Schließlich könne man ja vieles sowohl zivil wie militärisch nutzen und zahlreiche Forschungsvorhaben "vollständig ziviler Natur" seien dann nicht mehr möglich. Ihm war wichtig, dass Hochschul- und Forschungseinrichtugen noch viel mehr Freiheitsrechte bräuchten. Diese Aussagen verkennen, dass es bei einer Zivilklausel ja gerade darum geht, die Diskussion über Forschungsprojekte und -ziele als Aufgabe in die Hochschule zu verlagern und somit die Hochschulen dauerhaft zu verpflichten, Forschung und Lehre transparent und nachvollziehbar auf friedlichen Nutzen zu prüfen. Angesichts dessen, dass es z.B. im Bereich der Sicherheitsforschung immer wieder Geheimabkommen zwischen Hochschuleinrichtungen und DrittmittelgeberInnen gibt, wäre dies ein großer Fortschritt in Richtung Demokratisierung der Hochschulen. Die Spitze der Spitzenforschung muss auch in der Mitbestimmung spitze seinAlle RednerInnen waren sich einig, dass es darum geht, das KIT als einen, ja als den Leuchtturm der Wissenschafts- und Forschungslandschaft in Baden-Württemberg voranzubringen und der Erfolgsgeschichte des KIT ein neues Kapitel hinzuzufügen. Ministerin Bauer betonte die Einzigartigkeit des KIT im Vergleich zu anderen Kooperationsmodelle von Großforschungseinrichtung und Universität wie der Charité und der RWTH Aachen, diese seien bloße Kooperationen und keine echten Fusionen mit weitestgehender Integration. Im KIT werden auch weitreichende Änderungen in der Mitwirkung umgesetzt. Sie verwies hier mehr Handlungsräume und Mitbestimmungsrechte wie das Vorschlagsrecht des Personalrats für ein Aufsichtsratsmitglied, den Konvent für wissenschaftliche Mitarbeiter, bessere Mitwirkungsmöglichkeiten auf Institutsebene sowie darauf, dass Studierenden das Recht eingeräumt wird, künftig am KIT bei der Wahl des Vorstandsmitglieds für Forschung und Lehre mitwirken. Dies sind nun - leider - in der Tat in Baden-Württemberg bahnbrechende Innovationen. In Heidelberg beispielsweise (hier benennt man diese Gremien vornehm als Univerisitätsrat und Rektorat) gibt es in alle diesen Fragen weder eine studentische Mitwirkung noch eine der Beschäftigten. Die Ministerin kommentierte Proteste vor dem Parlament für eine Zivilklausel als nicht mehr zeitgemäß, pflichtete den Protestierenden allerdings insofern bei, als sie die Notwendikeit von Transparenz und Aussprache bei Forschungsvorhaben anerkannte; vor allem aber verwies sie auf die Freiheit und Unabhängigkeit von Forschung und Lehre. Dies belegte sie durch einzelne Passagen des Gesetzesentwurfs, die auf mögliche Konflikte - z.B. wenn Beschäftigte sich weigern, an Militärfoschung mitzuwirken - eingehen. Wie Ministerin Bauer mit Blick auf die aktuelle Diskussion um das Kooperationsverbot betonte, sei es jetzt wichtig, das Geld aufzutreiben, um 10 % des BIP für Bildung zu investieren. Dieses Geld aufzubringen, sei wichtiger als über die Änderungen des einen oder anderen Paragraphen der Verfassung zu diskutieren. Weil man alles selber machen muss, gibt es noch viel zu tun...Es bleibt abzuwarten, was aus der vom Land groß angekündigten Reform der hochschulinternen Demokratie wird. Hoffentlich heißt es auch hier dann nicht auf einmal, das läge alles in der Verantwortung der Hochschulen und ihrer Autonomie, also de facto der Vorstände (bzw. "Rektorate"). An einer Hochschulen wie der Uni Heidelberg, wo im Rahmen des Exzellenzprozesses eigene Forschungsgremien geschaffen wurden, aus denen Studierende explizit ausgeschlossen sind oder Mitwirkung gerne auf Beratungsfolklore wie Gesprächsrunden reduziert wird, wäre dies wenig erfolgversprechend. Die Vorgabe aus Stuttgart scheint aber momentan eher die zu sein, alles vor Ort selber zu klären. Da dies sich schon länger abzeichnet und eine Studierendenvertretung ohnehin immer daran arbeitet, die eigene Hochschule zu demokratisieren, diskutiert die Fachschaftskonferenz, die unabhängige Studierendendvertretung an der Uni Heidelberg, derzeit einen Positionierungsentwurf für eine Zivilklausel - nicht nur für die anstehende Änderung der Grundordnung der Universität. Die Diskussion dürfte intensiv werden: 2011 war im Senat der Uni Heidelberg ein studentischer Antrag abgelehnt worden, in der Verwaltungs- und Benutzungsordnungen des Bioquant eine zivile Nutzung festzuschreiben. Selbst das Rektorat und der Senat der Uni Heidelberg haben aber immerhin einsehen, dass (etwas) Mitsprache für alle Gruppen auf Fachebene nicht unsinnvoll ist. So wurde 2010 beschlossen, in den großen heterogenen Fakultäten auf Fachebene beratende Fachräte einzuführen. Diese Idee war aus Diskussionen des Bildungsstreiks erwachsen und hat bereits vielfach zu einer merklichen Intensivierung fachinterner Diskussionen beigetragen. Rektorat und Verwaltung verweisen inzwischen sogar, sicher auch mit Blick auf die anstehende Systemakkreditierung, gerne auf die Fachräte...
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