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Studierendenrat der Universität Heidelberg

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02.09.2016:

Stellungnahme zur kleinen Landtagsanfrage des AfD-Abgeordneten Dr. Heiner Merz

Am 17. August erreichte die Referatekonferenz der Verfassten Studierendenschaft (VS) Heidelberg über das Ministerium für Wissenschaft und Kunst (MWK) eine zeitlich drängende kleine Landtagsanfrage des Abgeordneten der Baden-Württembergischen Landtagsfraktion der AfD, Dr. Heiner Merz. In dieser Anfrage forderte Dr. Merz die Information an, welche Gruppen und Initiativen von der VS Heidelberg finanziell gefördert wurden.

Wir bedauern, dass die aktuelle Anfrage schnellstmöglich und ohne das Erarbeiten einer vorherigen Positionierung innerhalb der VS bezüglich reatkionärer Kräfte, wie der AfD, beantwortet wurde. Zukünftig wollen wir, anders als bisher, Anfragen, die uns vom Ministerium erreichen, nicht schnellstmöglich in vollem Umfang beantworten, sondern uns kritischer mit Anfragen dieser Art auseinandersetzen.

Weiterhin werden wir uns offen halten, Anfragen, in denen die Verfasste Studierendenschaft eine menschen- oder demokratiefeindliche Intention erkennt, nicht zu beantworten. Die Verfasste Studierendenschaft sieht sich als Selbstverwaltung und -vertretung der Studierenden, die kein weisungsgebundenes Organ ist - weder der Hochschulleitung gegenüber, noch obersten Landesbehörden. 

Angesichts der bisher selektiven propagandistischen Verwendung von Informationen aus Anfragen durch die AfD bundesweit, ist die Absicht der AfD offensichtlich, die von der VS im öffentlich demokratisch erreichten Konsens unternommenen finanziellen Unterstützungen der Gruppen für ihre Zwecke entsprechend auszuschlachten. In dieses Bild fügt sich die Forderung der beiden antidemokratischen Gruppierungen im Landtag nach einem Untersuchungsauschuss für ihnen unliebsame demokratische Bewegungen ein. Solchen Bestrebungen stellen wir uns entschieden entgegen und stellen uns vor die von uns unterstützten Gruppen, welche von der AfD diffamiert werden.

Wir entschuldigen uns ausdrücklich bei den Gruppen. Viele von ihnen legen ein in der gegenwärtigen Situation besonders wertvolles antifaschistisch-antirassisstisches Engagement an den Tag. Sie zeigen gesellschaftliche Missstände auf und bekämpfen diese mit allen verfügbaren demokratischen Mitteln. Solch starker Einsatz gegen Hass kann auch persönliche Angriffe, Körperverletzungen, Verfolgung und anderweitig gefährdende Situation durch rechte bis extrem rechte, antidemokratische und faschistische Strukturen nach sich ziehen. Mit dem Grundsatz vieler Gruppen "keine Namen, keine Strukturen" kann die Offenlegung ihrer Daten  nicht geduldet werden. Durch diese Anfrage werden die Gruppen nun erst recht zum Spielball reaktionärer politischer Kräfte. Wir unterstützen ausdrücklich auch weiterhin antifaschistisches und antirassistisches Engagement.

Aus folgenden Gründen kann eine Zusammenarbeit mit allen AfD-Landtagsfraktionen, sowohl  mit derzeitigen als auch mit zukünftigen, nicht erfolgen. Dies betrifft sowohl mittelbare als auch unmittebare Kooperationen. Hierbei orientieren wir uns am Beispiel des Thüringer Landesjugendrings [1] sowie unseres bundesweiten Dachverbandes der Studierendenschaften, dem freien zusammschluss von student*innenschaften [2] .

Diese Gründe sind:

 

  • - Die AfD hat ein klares antidemokratisches, antisemitisches, antimuslimisches, rassistisches, sexistisches, ableistisches, nationalistisches, ethnizistisches und menschenfeindliches Parteiprogramm, das mit Grundsatzbeschlüssen der VS unvereinbar ist.
  • - Sie verbreitet bewusst diffamierende und gefährliche Fehlinformationen und wirft selbiges Vorgehen anderen Gruppierungen beziehungsweise Personen vor, sobald sich deren Ergebnisse nicht in ihr Weltbild einfügen wollen.
  • - Mehrere ihrer Repräsentant*innen bedienen sich eines Wortschatzes und einer menschenfeindlichen Rhetorik , die eindeutig auf faschistisches Vokabular von heute und auf die Sprache der Deutschnationalen und Nationalsozialist*innen aus den 20er bis 40er Jahren des letzten Jahrhunderts Bezug nimmt.
  • - Sie ist, vor allem im Bezug auf den durch den Menschen beeinflussten Klimawandel, ihren Vernichtungswillen gegenüber den Gender Studies und der Geschichtsforschung, dezidiert wissenschaftsfeindlich und steht damit fundamental gegen die Prinzipien unserer Universität und einer offenen Gesellschaft.
  • - Sie unterhält Kontakte zu faschistischen Gruppierungen [3].
  • - Die AfD möchte die Kulturlandschaft in Deutschland in ihrem Sinne homogenisieren. Sie bekämpft dabei ihr unpassende Veranstaltungen, auf dem Weg der "Wiedererschaffung" einer "deutschen Kulturnation", die die "Volksidentität" befördern soll [4].
  • - Die AfD verweigert die klare Distanzierung zur Grundhaltung der NPD [5].
  • - Sie verwischt Grenzen zwischen Nationalismus und Patriotismus, um ihre chauvinistische Haltung salonfähig zu machen.
  • - Die Distanzierung der Fraktion von Gedeons Antisemitismus durch die Bildung der neuen Fraktion AfB, kann nicht als Ablehnung des Antisemitismus gewertet werden. Diese Distanzierung der Fraktion um Meuthen weist durch ihren spät gewählten Zeitpunkt des Einschreitens einen taktischen Charakter auf. 

Die Anfrage der AfD zielt vordergründig darauf ab, den Verfassten Studierendenschaften Kriminalität und/oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nachzuweisen, um daraus die Legitimation für deren rechtliche Aushöhlung und Entmündigung zu gewinnen.

Wir appellieren an alle Parteien im Landtag, sich nicht durch die AfD für eine Änderung des LHG und eine Beschneidung des Mandats der Verfassten Studierendenschaft instrumentalisieren zu lassen.

Überdies werden wir unsere politische Bildungsarbeit intensivieren, um solchen Anfragen zukünftig langfristig vorzubeugen.

Wir bedauern, dass im Laufe der Auseinandersetzung um die Landtagsanfrage unser Referent für Hochschulpolitische Vernetzung zurückgetreten ist. Wir verlieren dadurch einen wertvollen, langjährigen Mitstreiter und Antifaschisten. Wir danken ihm für all die Energie und Zeit, die er in den vergangenen Jahren in die Vor-VS-Strukturen, den Aufbau der Verfassten Studierenschaft und die Arbeit in ihren Gremien und die Vernetzung der VS Heidelberg investiert hat.

 

Weiterführende Links

Anmerkung zu [5]: Nach Beschluss dieser Stellungnahme hat sich Jörg Meuthen deutlicher von der NPD distanziert. Dies war zum Zeitpunkt des Beschlusses nicht bekannt und konnte daher nicht berücksicht werden. Eine Distanzierung bzw. ein Beschluss für die ganze AFD liegt weiterhin nicht vor. Hier nachzulesen:http://www.deutschlandfunk.de/afd-meuthen-distanziert-sich-von-npd.447.de.html?drn:news_id=651425)

Nachtrag (16.09.): Hier findet ihr die Antwort des Ministeriums

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