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25.04.2012:

Unsere Position zum Gesetzentwurf vom 24.4.12

Die Verfasste Studierendenschaft kommt - aber mit Einschränkungen

Die Verfasste Studierendenschaft kommt - aber mit Einschränkungen

Ja, wir freuen uns, dass die Verfasste Studierendenschaft nach 35 Jahren in Baden-Württemberg wieder eingeführt wird, und Grün-Rot damit ein wichtiges Wahlversprechen einlöst. Aber der Gesetzesentwurf fällt hinter das zurück, was die jetzige Regierung in ihrer Oppositionszeit noch gefordert hat – und wurde scheinbar von Leuten verfasst, die die Studierenden weiterhin am Gängelband halten und ihrer Arbeit grundsätzliches Misstrauen entgegenbringen:  

Ein politisches Mandat mit Maulkorb

Immerhin, § 65, 4 des Entwurfes legt fest: „Im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben nimmt die Studierendenschaft ein politisches Mandat wahr”. Aber: „Sie wahrt nach den verfassungsrechtlichen Grundsätzen die weltanschauliche, religiöse und parteipolitische Neutralität.” Das ist ein Minenfeld. Darf eine VS also keinen Gesetzesvorschlag einer Partei kritisieren oder loben, kein hochschulpolitisches Parteiprogramm mehr bewerten? StudierendenvertreterInnen werden – wie in anderen Bundesländern - immer Klagen fürchten müssen – und deshalb öfters mal vorsorglich schweigen.

Eingeschränkte, teure Haushaltshoheit  

Die Verfasste Studierendenschaft soll von den Studierenden Beiträge erheben und diese selbst verwalten können. Aber von einem guten Teil dieser Beiträge muss sie eineN BeauftragteN mit der Befähigung zum gehobenen Verwaltungsdienst (oder mit anders nachgewiesenen Kenntnissen im Haushaltsrecht) einstellen, die/der vom Landesrechnungshof beaufsichtigt wird. Und trotz dieser Sicherungen hat das Rektorat der Hochschule laut Entwurf eine Haushaltsaufsicht. Und darüber, was „nachgewiesene Kenntnisse” sind, wer also eingestellt werden kann, hat das Rektorat im Zweifel auch das letzte Wort. Kleine Hochschulen mit z.B. 700 Studierenden werden, um das Gehalt dieser Person (gehobener Dienst!) finanzieren zu können, kaum noch Ausgaben haben, die man beaufsichtigen müsste…

Sparen auf Kosten der Studierendenvertretungen  

Alle Gelder, die bisher den sogenannten Fachschaften und den rechtlosen „AStA” zuflossen und damit etwa Exkursionen, Tutorien oder Ersti-Infos finanzierten, sollen gestrichen werden. Wo das Geld hinfließen soll, bleibt zudem unklar.

Keine Fachschaften auf Fachebene

Der Entwurf sieht in § 65 a (4) vor: „Die Studierenden einer Fakultät bilden eine Fachschaft, die eigene Organe wählen kann. […] [Diese Organe] nehmen die fakultätsbezogenen Studienangelegenheiten und Aufgaben … auf Fakultätsebene wahr.” Hiermit schreibt die neue Regierung fort, was studentische Selbstorganisation seit langem behindert: auf Fachebene, also dort, wo man studiert und die fachbezogenen Entscheidungen fallen, dürfen Studierende sich auch weiterhin nicht als Fachschaft organisieren, sondern nur als „Untergruppe” oder dergleichen.

Fakultäten wie die Philosophische umfassen gut 30 Fächer mit bis zu 5 Studiengängen – niemand studiert all diese Fächer, aber alle diese Studierenden sind eine „Fachschaft”. Kein Wunder, dass die meisten Probleme in den Fächern bestehen, in denen die Studierenden schon jetzt nicht auf Fachebene beteiligt werden müssen. An Ein-Fach-Fakultäten (wie Mathematik oder Jura) hingegen, kann man auf Fakultätsebene sinnvoll als (Ein-)Fachschaft aktiv werden.

Einer Landesregierung, die es ernst meint mit basisnahen demokratischen Strukturen, kann man nur raten, sich hier dem bundesweiten Sprachgebrauch anzuschließen, wonach Fachschaft der Zusammenschluss der Studierenden eines Faches ist. Die ProfessorInnen bilden schließlich auch auf Fachebene ein fachbezogenes Direktorium, um in großen Fakultätsräten (nicht Fachräten!) handlungsfähig zu bleiben.

Eingeschränkte Satzungshoheit  

Zwar erfreut sich die VS scheinbarer Satzungshoheit. Der Gesetzentwurf schreibt aber die Einführung eines exekutiven Kollegialorgans und die Wahl eines Vorstands verpflichtend vor. Rätedemokratische Fachschaftsmodelle, wie sie sich bisher in vielen unabhängigen Fachschaftsmodellen im Ländle bewährt haben, werden so fast unmöglich gemacht. So können die VSen an den einzelnen Hochschulen nicht den unterschiedlichen Standorten und Bedingungen (z.B. Hochschulgröße und Fächerzahl) angepasst werden. Und im Zweifel entscheiden wieder – die Rektorate.

Natürlich sind gegen viele Rektoratsentscheidungen Rechtsmittel möglich. 

Dann treten aber rechtlich unerfahrene Studierendenvertreter, die nebenbei – Überraschung! – studieren müssen, gegen gut bezahlte universitäre Rechtsabteilungen an. Und wie wahrscheinlich es gerade an kleinen Hochschulen ist, dass Studierende (Regelstudienzeit: 3 Jahre) erfolgreich vorm Amtsgericht gegen ihre Rektoren (Amtsdauer: 6 Jahre) klagen, kann man sich ausrechnen. 

VS ohne VV  

§ 9 Absatz 8 Satz 3 sieht weiterhin vor, dass Beschlüsse auf Vollversammlungen nicht zulässig sind. Nur in Ausnahmefällen kann in einer VV eine Wahl stattfinden. Wir fordern eine vollständige Aufhebung des Verbots von Vollversammlungen, um zum Beispiel basisdemokratisch auf Fachebene in Vollversammlungen Beschlüsse zu fassen.

Auch die Studentenwerke dürfen den Studierenden hereinreden (§ 65, Abs. 5)

Dort wo die VS Aufgaben oder Angebot wahrnehmen möchte, die auch das Studentenwerk bereits bietet, muss sie sich das vom Studentenwerk genehmigen lassen. Es entscheiden also nicht Studentenwerk und VS gemeinsam, sondern das Studentenwerk entscheidet, wenigstens bei bestehenden Angeboten, alleine, was die VS machen darf. Ob’s weiterhin eine unabhängige Bafög-Beratung oder in manchen Städten ein Studierendencafé gibt – das entscheiden also nicht die Studierenden und ihre Vertretung.

  

Trotz dieses Einschränkungen möchten wir an einer guten Lösung für Uni und die PH Heidelberg arbeiten.  

Wer dabei mitmachen möchte, kann sich in der AG Verfasste Studierendenschaft engagieren. Die trifft sich ein- oder zweiwöchentlich am Mittwoch und 16:30 Uhr im ZFB. Das nächste Treffen ist am 9. Mai.

http://agsm.fsk.uni-heidelberg.de/index.php/AG_Verfasste_Studierendenschaft

Und bald wird auch die Liquid-Democracy-Plattform zur Ausgestaltung der VS eröffnet:

http://vsuni.liquid.fsk.uni-heidelberg.de
http://vsph.liquid.fsk.uni-heidelberg.de

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