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Bachelor und Master

Ein studierbarer Bachelor ist möglich. Ist er auch gewollt?

Knallvolle Stundenpläne, Verschulung, Aussieben, keine Zeit für's Ausland - was Uni und Politik aus den neuen Studiengängen gemacht haben, widerspricht nicht nur gesunden Menschenverstand, sondern auch dem, was nach den sogenannten "Bologna"-Vereinbarungen ein Studium in Europa künftig ausmachen sollte.

» Was ist der Bologna-Prozess?

Der sogenannte Bologna-Prozess muss entmythologisiert werden. Die Mythen, die über ihn verbreitet werden, müssen als Methoden der Repression eines freien Studiums enttarnt werden: "Der" Bologna-Prozess basiert auf losen Übereinkünften von Wissenschaftsministern. Er

  • kennt keine Anwesenheitslisten Leistungsnachweise für jede Veranstaltung
  • legt sechs Semester Bachelor-Zeit als Minimum, nicht als Regel oder gar als Maximum fest
  • verlangt kein Aussieben beim Übergang von Bachelor zu Master

Wenn es derlei gibt, dann wurde es von PolitkerInnen in die Landesgesetzte oder von den Fakultäten in die Prüfungsordnungen geschrieben - nicht selten gegen die Stimmen der Fachschaften! Inzwischen merken aber auch Lehrende, dass die Warnungen der Fachschaften berechtigt waren und die neuen Studiengänge in ihrer jetzigen Form mehrheitlich nicht studierbar sind.

Empfohlen werden aber im Zusammenhang mit den Bologna-Umstellungen methodisch und fachlich aufeinander abgestimmte Veranstaltungen, sogenannte Module, deren erfolgreiche Absolvierung insgesamt in einer sinnvollen Form nachgewiesen wird. Was derzeit meist als Modul zusammengeschustert wird, ist eine oft  willkürliche Zusammenstellung von Veranstaltungen. Gelänge eine sinnvolle Modularisierung, so könnte der Prüfungsinflation durch die Einführung von Modulprüfungen Einhalt geboten werden.

Die meisten "neuen" Studiengänge müssen überarbeitet werden. Diese Remodularisierung, die offenkundig überfällige Reform der Reform, kann aber sinnvoll nur vor dem Hintergrund einer neuen Lehr- und Lernkultur geschehen: Zum Teil ist das ein normaler Prozess, wenn eine neue Prüfungsordnung eingeführt wird. Zum Teil rührt es aber daher, dass die Prorektorate für Lehre der letzten Jahre mit ungeeigneten Personen besetzt wurden.

Dass der für Lehre und Kommunikation zuständige Prorektor Pfeiffer jetzt ersetzt wird, ist nicht zuletzt ein Ergebnis der beharrlichen inhaltlich-kompetenten Kritik der FSK-VertreterInnen in den für Lehre zuständigen uniweiten Gremien. Die FSK ist sich sicher, dass sie mit ihrer sach- und basisorientierten Arbeit mit seiner Nachfolgerin etwas für die Studierenden bewirken kann.

Langsam merken auch andere, dass die Kritik der Fachschaften an den neuen Studiengängen keine Blockadehaltung war: Man kann einer misslungenen Studienordnung bereits in der Papierform ansehen, dass sie nicht studierbar ist.

Lehre wird nicht innovativ durch sogenannte "Neue" Lehr- und Lernformen oder den Einsatz von Medien: Schlechte Aufgaben werden nicht dadurch besser, dass man sie am Computer löst, sondern dadurch, dass sie von engagieten und motivierten Lehrenden gemeinsam mit Studierenden in gelingenden Lehr-Lern-Arrangements eingebettet werden. Hierzu bedarf es fairer Arbeitsverhältnisse, ausreichender Ausstattung und vor allem einer Lehr- und Lernkultur, die getragen ist von gegenseitiger Wertschätzung der Lehrenden und Lernenden. Neben dem Wissensaufbau muss es eine verstärkte Problem- und Kompetenzorientierung bei der Auswahl von Themen und Methoden geben, übrigens auch bei den Leistungsnachweisen. Nicht, was leicht abprüfbar ist, zählt, sondern was man hinterher kann und wie redlich man während und nach dem Studium mit dem Erarbeiteten umgeht.

Die Fachschaften werden die Aktivitäten des Rektorats im Bereich E-Learning und Qualitätssicherung daher weiterhin kritisch begleiten und fordern, an allen einschlägigen Kommissionen beteiligt zu werden. Die Reduktion eines Faches auf präparierte Wissenshäppchen lehnen wir ab, auch hier muss einer latenten Gefahr "des" Bolognaprozesses begegnet werden: der Zurichtung abprüfbaren Wissens in standardisierte Veranstaltungen, das sich jeder Fortentwicklung versperrt und nicht offen ist für neue Sichtweisen (z.B. die Sichtweisen marginalisierter Gruppen oder den Standpunkt der Nachhaltigkeit).

Als Ergebnis muss ein Studiengang inhaltlich stimmig und studierbar sein. Diese Binsenweisheit ist noch nicht immer handlungsführend bei der Erarbeitung und Verabschiedung von Prüfungsordnungen. Die existierenden gelungenen Beispiele aber belegen, dass es möglich ist, studierbare BA- und MA-Studiengänge zu konzipieren und umzusetzen. Dies setzt freilich auch voraus, dass Personal, entsprechende Räume und Sachmittel verfügbar sind.